Private Preise in der Podologie: Tipps für eine erfolgreiche Kalkulation
Seit Anfang Juli gibt es gute Nachrichten für Podolog:innen: Die gesetzlichen Krankenkassen vergüten podologische Behandlungen jetzt mit einem höheren Satz. Dieser Anstieg ist Teil einer mehrstufigen Vergütungsvereinbarung mit dem GKV-Spitzenverband, der bereits 2023 zu einer Erhöhung um 6,7 Prozent führte – die zweite Stufe mit einer Erhöhung um rund 4,7 Prozent trat vertragsgemäß zum 1. Juli 2024 in Kraft. Mit diesen Preiserhöhungen soll den gestiegenen Anforderungen und Kosten in der podologischen Versorgung Rechnung getragen und eine faire und angemessene Entlohnung sichergestellt werden.
Die Erhöhung der Podologie-Honorare ist ein guter Anlass, um die generelle Preisstruktur der eigenen Podologiepraxis zu überprüfen. Denn die Vergütung durch die Kassen ist oft der Mindestwert, den eine Behandlung kosten sollte, damit sie wirtschaftlich ist. Preise, die darunter liegen, sind ein „No-Go“ für eine erfolgreiche Praxis. Warum? Weil niemand langfristig erfolgreich sein kann, wenn er sich unter Wert verkauft. Wer fachlich auf hohem Niveau arbeitet, darf auch entsprechende Preise für Selbstzahler und Privatpatient:innen aufrufen.
Alle Kosten im Blick behalten
Neben der Preisgestaltung lohnt es sich, auch die Betriebskosten regelmäßig unter die Lupe zu nehmen. Hier einige Fragen, die man sich dabei stellen sollte:
- Miete und Nebenkosten
Haben sich die Mietkonditionen im letzten Jahr verändert? - Verbrauchsmaterialien und Hygiene
Sind die Preise für Verbrauchs- oder Hygieneprodukte gestiegen? - Fachkräfte/Personal
Sind die Angestellten mit ihrem Gehalt zufrieden und bleiben Sie der Praxis langfristig treu?
Der Fachkräftemangel macht auch vor der Podologie nicht Halt. Angemessene Gehälter und ein gutes Arbeitsumfeld sind entscheidend, um qualifizierte Mitarbeitende zu halten – und damit auch den wirtschaftlichen Erfolg der Praxis langfristig zu sichern. Diese Aspekte sollten unbedingt in die Preisgestaltung mit einfließen.
Preise transparent und rechtssicher gestalten
Die Gebührenübersicht für Therapeuten (GebüTh) bietet eine wertvolle Orientierung bei der Preisgestaltung für Selbstzahler und Privatpatient:innen. Diese Übersicht wird auf der Basis bundesweiter Befragungen von Therapiepraxen, Fachgutachten und Recherchen im Internet – zum Beispiel über frei zugängliche Preislisten der Praxen – erstellt und soll dabei helfen, faire und transparente Privatpreise zu kalkulieren. Behandlungskosten, die sich im Rahmen der GebüTh bewegen, werden in der Regel auch von der privaten Krankenkasse übernommen.
Den eigenen Wert erkennen
Je nach Behandlung und individueller Qualifikation kann auch ein Preis, der deutlich über dem GKV-Satz liegt, angemessen sein. Dabei geht es nicht nur um die eigene Expertise, sondern auch darum wie aufwändig und komplex eine Therapie ist oder ob die Praxis besondere Serviceleistungen (zum Beispiel flexiblere Terminfenster) anbietet.
Wer Bedenken hat, durch höhere Privatpreise Kund:innen zu verlieren, sollte daran denken, welche Qualität und welches Know-How eine podologische Fachkraft den Patient:innen tagtäglich bietet. Sich unter Wert zu verkaufen ist keine Option! Und falls doch jemand abspringen sollte, werden sich für die freien Termine sicher umgehend neue Patient:innen finden, die Ihre Fachexpertise und Ihren Einsatz zu schätzen wissen.
Wir haben bei den großen Podologieverbänden nachgefragt, was bei der Gestaltung der Privatpreise beachtet werden sollte und auf welche Grundlage sich eine Kalkulation stützen kann.
Martina Schmidt, Präsidentin des Deutschen Verbands für Podologie (ZFD) e.V., hat folgende Ratschläge für eine erfolgreiche Preiskalkulation:
„Bei der Preisgestaltung sollten folgende Punkte unbedingt bedacht werden:
- 1. Kostenstruktur:
Laufende Kosten der Praxis (Miete, Gehälter, Materialien, sonstige Betriebskosten) - 2. Qualität und Spezialisierung:
Besondere Dienstleistung (spezielle Behandlung z.B. bei Nagelmykose) - 3. Zuschläge und Zusatzleistungen:
Hausbesuch, Leistungen werden außerhalb der regulären Sprechzeiten erbracht, dringende Behandlungen werden durchgeführt - 4. Mehrwertsteuer:
Liegt eine ärztliche Verordnung oder die Erlaubnis zur Ausübung der sektoralen Heilkunde vor? - 5. Recherche Konkurrenzpreise:
Preisgestaltung der Berufskollegen im näheren Umfeld als Orientierungshilfe
Die Vergütungsvereinbarungen mit dem GKV-Spitzenverband bilden eine gute Orientierung bei der Kalkulation von Privatvergütungen. Ähnlich der Gebührenordnung für Ärzte (GÖA), die die Honorare für Ärzte regelt, können verschiedene Sätze zum Ansatz als Multiplikator berechnet werden. Diese Höchstsätze kommen nach Schwierigkeit zur Anwendung (1,0 Einfachsatz - 2,3 Regelhöchstsatz - 3,5 Höchstsatz).
Auch Zuschläge, beispielsweise für erbrachte Leistungen außerhalb der Sprechstunde bzw. dringend angeforderte und unverzüglich erfolgte Ausführungen, können mit einem Zuschlag berechnet werden. Liegt keine Verordnung eines Arztes vor oder der Therapeut verfügt nicht über die Erlaubnis zur Ausübung der sektoralen Heilkunde (SHP), muss die Leistung zusätzlich mit dem gültigen Mehrwertsteuersatz berechnet werden.“
Auch Jeannette Polster, 1. Vorsitzende des Bundesverbands für Podologie e.V., ist auf unsere Fragestellungen eingegangen:
"Die Grundlage einer jeden Preisbildung sollte immer eine solide Kalkulation sein, das ist natürlich mit etwas Aufwand verbunden. Da die Podologieausbildung keine Vermittlung betriebswirtschaftlicher Grundlagen vorsieht, empfehlen wir den Besuch eines entsprechenden Kurses. Die Unterstützung durch einen Steuerberater ist ebenfalls zu empfehlen.
Natürlich wird auch den GKV-Preisen eine Kalkulation, z.B. der Sachkosten sowie weitere Faktoren, für die in den Leistungsbeschreibungen abgebildeten Maßnahmen zugrunde gelegt. Bei bundesweit geltenden Preisen handelt es sich hier um einen Gesamtdurchschnitt, der regionale Besonderheiten nicht abbilden kann. Bei der Kalkulation der Privatpreise sind deshalb die regionalen Besonderheiten, z.B. hohe Mietpreise in Großstädten oder ein höherer Umfang der einzelnen Leistungen, unbedingt zu berücksichtigen.“